Montessori Pädagogik für Jugendliche

 

Maria Montessori hat ihre Pädagogik stets durch Beobachtung der Kinder begründet. Welche Bedürfnisse hat das Kind und wie kann man die Umgebung und Pädagog:innen bestmöglich vorbereiten? Wie können Kinder möglichst ihren Interessen und Neigungen entsprechend angeregt und begleitet werden, so dass sie große Freude am Lernen empfinden und sich nach und nach selbst vervollkommnen? 

Im Kinderhaus (0-6 Jahre) bieten die Pädagog:innen daher eine vorbereitete Umgebung, die Möglichkeit zu Konzentration und die freie Wahl der Arbeit in Grenzen an. Zudem sind Kinder in dieser Phase empfänglich für Ordnung, Rituale und Handlungsabläufe. Die Altersmischung findet von 0-3 Jahren und von 3-6 Jahren statt.

In der Montessori Grundschule findet eine ruhige Weiterentwicklung der 6-12-Jährigen statt. Die Bedürfnisse verändern sich: Kinder dieses Alters haben eine hohe Lernkapazität und sind neugierig auf die Welt. Die Pädagog:innen bieten die „Kosmische Erziehung“ im Klassenzimmer durch eine inspirierende Umgebung und quasi wissenschaftliches Arbeiten an. Selbst organisierte Ausflüge in Kleingruppen ermöglichen es den Aktionsbereich des bisherigen Lebens zu verlassen und Erfahrungen außerhalb des Klassenzimmers zu sammeln.

Weiterführende Montessori Schule für Jugendliche 

Bedürfnisse von Jugendlichen 

Mit Beginn der Pubertät beginnt ein neuer Lebensabschnitt im Leben von Heranwachsenden. Sie sind keine Kinder mehr, aber auch noch keine Erwachsenen. Es ist eine turbulente Lebensphase, die von innerer Unsicherheit, Unruhe und Zweifeln geprägt ist. Der Körper verändert sich, und es scheint, als müsse der/die Jugendliche alles um sich herum wieder neu für sich entdecken und erarbeiten. Maria Montessori spricht in ihren Publikationen vom Heranwachsenden als „sozialem Neugeborenen“. Ziel der Montessori-Pädagogik ist es, die Heranwachsenden respektvoll und achtsam durch diese dynamische Entwicklungsphase zu begleiten. (Quelle: montessori-deutschland.de)

Montessori Lernumgebung

Für diesen besonderen Lebensabschnitt hatte Maria Montessori auch eine besondere Lernumgebung im Sinn. Sie soll alle Aspekte des Erwachsenenlebens widerspiegeln und viele Gelegenheiten bieten, akademischen Interessen zu folgen und „echte Erwachsenenarbeit“ zu praktizieren.

In einem sicheren sozialen Umfeld, das der realen Gesellschaft so nahe wie möglich kommt, wird das Miteinander und die gegenseitige Verantwortung geübt. In der jugendlichen Gemeinschaft wird eine Einführung in die Ökonomie und ein Verständnis für deren Bedeutung im täglichen Leben praktiziert. Wichtig ist ebenfalls ein enger Kontakt zur Natur, um Kreisläufe zu erfahren, Verantwortung zu übernehmen und Konsequenzen zu erleben. (Quelle: montessori-deutschland.de)

Von der Praxis zur Theorie

„Unter diesen sozialen Bedingungen müssen wir uns daran erinnern, dass der einzige sichere Führer der Erziehung darin besteht, die Personalität der Kinder zu fördern. Man muss folglich die menschliche Personalität für alle unvorhergesehenen Eventualitäten vorbereiten, und zwar nicht nur unter dem Aspekt derjenigen Bedingungen, die man mit kluger Voraussicht vorhersehen kann.“ (Maria Montessori)

Vor allem die Jugendlichen von 12-15 Jahren benötigen die „hand-on-Erfahrung“: von der Praxis zur Theorie. In einem Studien- und Arbeitszentrum auf dem Land lernen die Jugendlichen den Wirtschaftskreislauf von Produktion, Verarbeitung, Handel und Dienstleistungen auf vielfältige Weise praktisch kennen, um ihn so theoretisch verstehen zu können. In einer Farm-School-Gemeinschaft leben und lernen die Jugendlichen eigenständig. Ab der 10. Klasse steht die Vorbereitung auf den Schulabschluss und die Prüfungen im Vordergrund.

Montessoris Konzept für Jugendliche im Detail

„Die besten Methoden sind diejenigen, die beim Schüler ein Maximum an Interesse hervorrufen, die ihm die Möglichkeit geben, allein zu arbeiten, selbst seine Erfahrungen zu machen und die erlauben, die Studien mit dem praktischen Leben abzuwechseln.“

Der Erdkinderplan als „Erfahrungsschule des sozialen Lebens“ soll die Selbstständigkeit und die soziale Unabhängigkeit der jungen Heranwachsenden stärken. Es geht um eine Suche nach Orientierung und Halt. Da der Erdkinderplan in einer von Landwirtschaft geprägten Zeit entwickelt wurde und Montessori davon ausging, dass die Jugendlichen durch ihre Arbeit auf dem Land und mit der Erde von den Ursprüngen her in ihre Kultur eindringen, sprach Montessori von „Erdkindern“. Entscheidend ist die Vermittlung der Realität des Lebens auf der Basis sozialer Grunderfahrungen. Das Bedürfnis, den eigenen Platz in der Gesellschaft zu finden, steht an erster Stelle. (Quelle: montessori-wuerzburg.de)

Das Leben in einer „Peer“ entspricht dem Bedürfnis der Jugendlichen sich in einer eigenen Gemeinschaft außerhalb der Familie neu zu orientieren. Soziale Kontakte zu Gleichaltrigen finden in altersgemischten Gruppen statt, z.B. 12-15 Jahre.

Ein wichtiges Anliegen von Maria Montessori ist es die Fähigkeit zum Frieden durch Erziehung zu fördern. In der Schule heißt das den Kampf zwischen Erwachsenen und Kindern zu überwinden, indem die Eigenständigkeit der Kinder / Jugendlichen akzeptiert wird und die Pädagogen unterstützen, um das eigene Potential zu entfalten. Das langfristige Ziel ist das Heranwachsen einer Generation, die Gewaltanwendungen verurteilt und ein friedfertiges Miteinander lebt. Die Pädagog:innen vertrauen auf die Energie und Kompetenz der Kinder bzw. Jugendlichen zu einem Zusammenleben in Frieden.

Im Schulalltag werden immer Hand und Intellekt angesprochen, so dass sich Praxis und Theorie ergänzen und befeuern. Zu den praktischen Erwägungen des Gemeinschaftslebens zählen folgende Komponenten:

    1. Wohnhaus für die Jugendlichen (Boarding)
    2. Bauernhof / Farm: Produktion (Arbeit mit Erde, Pflanzen, Tieren)
    3. Geschäft / Warenaustausch: Handel, Verkauf, Kommunikation
    4. Gasthaus / Bed & Breakfast: Dienstleistung, Service
    5. Maschinenmuseum: Kennenlernen und Reparatur von Geräten und Maschinen

Zusätzlich gibt es im Studien- und Arbeitszentrum von Maria Montessori einen Lehrplan bzw. eine Übersicht an Themen für die Theorie im Unterricht:

    1. Persönlicher Ausdruck
      • Musik
      • Sprache / Literatur
      • Bildnerisches Arbeiten
    1. Psychische Entwicklung
      • Moralische Erziehung
      • Mathematik
      • (Fremd-) Sprachen
    1. Vorbereitung auf das Erwachsenenleben
      • Studium der Erde und der lebendigen Natur
        (Geologie,  Geografie, Biologie,  Botanik, Astronomie, Anatomie, …)
      • Studium des menschlichen Fortschritts und der Entwicklung der Zivilisation
        (Physik, Chemie, Mechanik, Genetik, Ingenieurwesen, …)
      • Studium der Menschheitsgeschichte
        (Religion, Erdkunde, wissenschaftliche Entdeckungen, …)

(Quelle: Buch „Erdkinderplan“ von Ela Eckert)

 

„Freude ist ein Indiz des inneren Wachstums.“

– Maria Montessori

Foto: Public domain photograph of Maria Montessori from 1913